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Mythos der Interessen des Bundes, der Länder oder der Kommunen – und eine Anmerkung zum Wettbewerbsföderalismus

Oft ist in der politischen Diskussion von Interessen des Bundes, der Länder oder der Kommunen die Rede. So werden sachlich sinnvolle Regelungen deshalb abgelehnt, weil sie zu einer Änderung der Finanzströme z.B. zu Lasten des Bundes führen und deshalb nicht im Interesse desselben lägen. Bei genauerer Betrachtung erweisen sich solche Argumentationsmuster als sehr fragwürdig.

Oftmals dient die Berufung auf das Interesse des Bundes, des Landes oder der Gemeinde nur der Kaschierung des Interesses der jeweiligen Mandatsträger daran, ihre Macht zu erhalten oder zu mehren. Bei Bund, Länder und Gemeinden handelt es sich um Gebietskörperschaften, deren Auftrag einzig und allein darin besteht, bestimmte staatliche Aufgaben im Interesse der Bürger zu erfüllen. Die Frage kann aus Sicht der Bürger eigentlich immer nur lauten: Entspricht eine (beabsichtigte) Regelung unserem Interesse? Natürlich kann man über die Antwort jeweils trefflich streiten, aber das wäre der richtige Ausgangspunkt für die Diskussion.

Dadurch, dass sich die Gebietskörperschaften gegenüber ihren Bürgern verselbständigen, wird es möglich, dass diese von den Bürgerinteressen losgelöste Interessen vertreten können und wie Personen behandelt werden, an die man Kategorien wie z.B. Verschulden anlegen und sie deshalb sogar bestrafen könnte. So wird z.B. hoch verschuldeten Ländern von den weniger verschuldeten Ländern vorgehalten, sie hätten diese Schulden selbst verschuldet und deshalb auch selbst auszubaden – mit zum Teil drastischen Einschnitten in die öffentliche Daseinsvorsorge und entsprechenden Folgen für die Bevölkerung.

Dieser personifizierte Verschuldensvorwurf gegenüber Gebietskörperschaften verhindert die Diskussion wichtiger Fragen, wie z.B. die, ob es gerechtfertigt ist, dass die Bürger einer Kommune, die schlecht gewirtschaftet hat, schlechter stehen sollen, als die Bürger einer Kommune, die besser gewirtschaftet hat. Trifft den einzelnen Bürger ein Verschulden oder eine Verantwortung – weil er sein Kreuz auf dem Wahlzettel „falsch“ gesetzt hat?

Vor dem Hintergrund solcher Fragen kann auch eine andere Sicht auf den sogenannten Wettbewerbsföderalismus gewonnen werden. Geht man nämlich davon aus, dass sich die Länder und die Gemeinden jeweils ein Wettrennen um die beste (billigste?) Aufgabenerfüllung und die größtmögliche Mehrung des Wohlstandes sorgten, müsste der Lohn sein, dass die Bürger der Verliererländer und –gemeinden sich schnellstens in die Siegerländer und –kommunen aufmachen – und zwar nach Wettbewerbsgesichtspunkten zunächst die, für die sich das am meisten lohnt, also für die schlechter gestellten Bürger. Diese dürften dann schnell die Infrastruktur der Siegerländer und –gemeinden überfordern, so dass es alsbald zu einem Ausgleich der Lebensverhältnisse käme. Dieser Effekt würde allerdings dann nicht auftreten, wenn die Siegerländer und –gemeinden ihre Infrastruktur so ausrichten würden, dass gerade die Schlechtergestellten wenig von der Prosperität hätten. Das würde für die Verliererländer und –gemeinden eine Abwärtsspirale ins Bodenlose bedeuten. Und ob die damit verbundenen Ungleichgewichte letztlich im Interesse aller Bürger stehen, das wage ich zu bezweifeln. Der Staat ist nicht mehr als eine Eierschale auf der Gesellschaft, die nur von der Akzeptanz seiner Bürger zusammengehalten wird.

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