Mit in den Werkzeugkoffer für die rechtspolitische Analyse gehört auch die Frage: Wer hat´s erfunden? Eine Antwort auf diese Frage erleichtert die Analyse des "Cui bono?" und umgekehrt. Das Wissen um den Initiator eines Gesetzes kann Hinweise darauf geben, wessen Interessen das Gesetz verfolgt.
Die Frage führt zunächst zu dem, der einen Gesetzestext entworfen hat. Das kann ein Ministerialbeamter sein, dessen Vorverständnis zum Regelungsgegenstand – gewollt oder ungewollt – in den Regelungstext einfließen wird. In bürokratischen Organisationen kocht allerdings nicht ein Koch alleine und es kann schwierig werden, den Einfluss des jeweiligen Kochs auf das Menü zu ermitteln, wenn man auch nach dem Prinzip „Ober sticht unter“ davon ausgehen kann, dass die Hierarchiespitzen sich durchsetzen, wenn sie sich denn für das Gesetz interessieren. In vielen Fällen wird es auch unmöglich sein, Aufschlussreiches über das Vorverständnis von Ministerialbeamten herauszufinden. Aber gerade in Zeiten, in denen die Politik gerne Lobbyisten auf wichtige Posten der Ministerialbürokratie hievt oder Gesetzentwürfe von Externen verfassen lässt, kann es gelingen, nicht offen zu Tage liegende Einflüsse zu ermitteln.
„Wer hat´s erfunden?“ führt aber auch zu denen, die das politische Anliegen des Gesetzes lanciert haben. Hier zu fischen dürfte zwar am ergiebigsten sein, um etwas über das „Cui bono?“ herauszufinden. Aber es bedeutet auch, im trüben Wasser zu fischen, weil die Initiatoren oft im Verborgenen arbeiten.
Die Frage nach der Initiatorenschaft eines Gesetzes ist sinnvoll, weil oft zu vermuten steht, dass der Urheber seine eigenen Interessen verfolgt. Aber Vorsicht! Dem ist nicht immer so. Der Ministerialbeamte wird manchmal kein eigenes Interesse am Thema haben, sondern will nur sein Geld verdienen. In der Politik gibt es häufig Paketlösungen: Hilfst du mir, so helf´ ich dir. Insofern kann die Leidenschaft für eine Sache letztlich in Wahrheit auf der Leidenschaft für eine andere Sache beruhen. Hüten sollte man sich vor dem unreflektierten argumentum ad personam, dem Schlechtreden einer Sache, nur weil sie von einer bestimmten Person verfolgt wird. Eine – aus welchen Gründen auch immer – bemakelte Urheberschaft enthebt in der rechtspolitischen Analyse einer Regelung nicht von der Bewertung nach anderen Kriterien.
17.2.2010
Diese Seiten könnten Sie auch interessieren:
- Wehrhafte Demokratie ohne Vornewegverteidigung: Das Bundesverfassungsgericht im NPD-Parteiverbotsverfahren
- Symbolgesetzgebung
- Spezialsenat des Bundesverwaltungsgerichts für Konkurrentenstreitverfahren über Bundesrichterstellen?
- Sozialpsychologische Auswirkungen von Gesetzen
- Sieben Vorsätze für Parlamentarier und andere Akteure der Gesetzgebung
- Ressortinteressen = Eigeninteressen der Ressorts?
- Rechtspolitik und Methode
- Rechtspolitik
Schreibe einen Kommentar