“Friede ist nur durch Freiheit, Freiheit nur durch Wahrheit möglich. Daher ist die Unwahrheit das eigentliche Böse, jeden Frieden Vernichtende: die Unwahrheit von der Verschleierung bis zur blinden Lässigkeit , von der Lüge bis zur inneren Verlogenheit, von der Gedankenlosigkeit bis zum doktrinären Wahrheitsfanatismus, von der Unwahrhaftigkeit des einzelnen bis zur Unwahrhaftigkeit des öffentlichen Zustandes” (Carl Jaspers).
Eine verbindliche Definition des Begriffes “Rechtspolitik” gibt es nicht.
Die Duden-Definition “Politik im Bereich des Rechtswesens” reduziert Rechtspolitik auf die klassische Justizpolitik. Auf der Seite des Bundesministeriums für Justiz heißt es: “Das Recht ist das Fundament unserer freiheitlichen Demokratie. Zentrale Aufgabe der Rechtspolitik und damit des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) ist die Sicherung und Fortentwicklung unseres Rechtsstaates. Diesem Ziel entspricht die gesetzgeberische Arbeit des Ministeriums. Sie umfasst die Vorbereitung neuer Gesetze ebenso wie die Vorbereitung von Gesetzesänderungen oder Gesetzesaufhebungen.”
Ist Rechtspolitik das, was in die Zuständigkeit der Justizministerien fällt? Also das Bürgerliche Recht, das Handels- und Wirtschaftsrecht, das Strafrecht, das Prozessrecht, die Rechtspflege (Gerichte und Staatsanwaltschaften), schließlich die Mitwirkung bei Gesetz- und Verordnungsentwürfen anderer Ressorts im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Verfassung und der Rechtsordnung insgesamt sowie im Hinblick auf eine einheitliche formale Gestaltung?
Das auch, aber sicherlich mehr. Rechtspolitik kann auch als Wissenschaft verstanden werden. Fromme weist in seinem Aufsatz “Rechtspolitik und Medien” darauf hin, dass die „Zeitschrift für Rechtspolitik“ sich in Duktus und Intention jedenfalls auf den ersten Blick von sonstigen juristischen Fachzeitschriften, auch solchen politikwissenschaftlicher Art nicht unterscheidet. Ist Gegenstand der Rechtspolitik also das gesamte Recht, die gesamte Politik? Fromme beschreibt auch, dass es der Rechtspolitik um Anzustrebendes, Wünschenswertes gehe, mithin um ein Werden, nicht um ein Sein.
Das Institut für Rechtspolitik an der Universität Trier stellt sich auf seiner Homepage unter anderem so vor: “Rechtspolitik behandelt dabei immer auch die Frage, wie künftiges Recht gestaltet werden soll und kann dem Gesetzgeber eine Klärungs- und Begründungskraft liefern. Das Recht wird hierbei als „geronnene Politik“ verstanden, das nur in einem komplexen gesellschaftlichen Prozess entstehen kann und am Ende in einen gesetzgeberischen Akt mündet. Ziel des IRP ist es, diesen Prozess bei gesellschaftspolitisch und juristisch bedeutsamen Themen und Diskussionen kritisch zu begleiten und wissenschaftlich zu unterstützen.”
Ähnlich soll auch hier der Begriff “Rechtspolitik” verstanden werden: Als verstehende Wissenschaft, als kritische Begleitung und Analyse von Rechtsetzung als gerinnender Politik und von Recht als geronnener Politik. Aber auch die kritische Analyse von Rechtsprechung, die – und davon handelt das Bild der Justitia mit der Binde vor den Augen – ohne Ansehung der Person entscheidet. Rechtsprechung entscheidet, allerdings oft auch ohne kritische Reflektion, in welchem Sinne das gleiche Recht auch gerecht ist und das anzuwendende Recht als geronnene Politik die eigentliche Interessenlage verschleiert. In diesem Sinne soll Rechtspolitik Justitia die Binde von den Augen reißen!
KEIN JURIST?DIE TOP 100 VON AMAZON RATGEBER RECHT
17.2.2010/21.2.2014
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