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Erkrankung des Rechtsanwaltes und Terminsverlegung

Erkrankung des Rechtsanwaltes und Terminsaufhebung

Der Termin zur lange erwarteten Gerichtsverhandlung ist anberaumt. Jetzt wird der Rechtsanwalt krank. Was nun? Nun, der Rechtsanwalt sucht einen Vertreter, der den Termin wahrnehmen kann. Oder er beantragt, dass das Gericht den Termin aufhebt, verlegt oder die Verhandlung vertagt.

Die Rechtsgrundlage § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO

Rechtsgrundlage dafür, dass das Gericht den Termin aufhebt, verlegt oder die Verhandlung vertagt, ist § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung – ZPO ‑. Diese Vorschrift lautet:

Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden.

§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO gilt nicht nur für den Zivilprozess, sondern dank der Verweisungsnormen § 46 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), § 173 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) auch für das arbeitsgerichtliche, das verwaltungsgerichtliche, das sozialgerichtliche und das finanzgerichtliche Verfahren. Im Strafprozess gibt es eigenständige Regelungen, die hier nicht dargestellt werden..

Unterschiede zwischen Aufhebung, Verlegung und Vertagung

Aufhebung eines Termins bedeutet, dass der Termin ohne Bestimmung eines neuen Termins annulliert wird. Die Verlegung eines Termins ist die Annullierung eines Termins unter gleichzeitiger Bestimmung eines neuen Termins. Aufhebung und Verlegung setzten voraus, dass der Termin noch nicht begonnen hat. Ein bereits begonnener Termin kann nur beendet und die mündliche Verhandlung in einem weiteren Termin fortgesetzt werden. Dann spricht man von Vertagung. Welche dieser Möglichkeiten das Gericht nutzt, um einen Termin zu ändern, hängt davon ab, wann das Gericht von der Erkrankung erfährt und ob es bereits einen neuen Termin festsetzen kann. Aufhebung, Verlegung und Vertagung werden im Folgenden – begrifflich also nicht ganz korrekt ‑ unter dem Begriff Terminsverlegung zusammengefasst.

Erkrankung als erheblicher Grund für eine Terminsverlegung

§ 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO setzt für die Aufhebung, Verlegung oder Vertagung eines Termins voraus, dass ein erheblicher Grund vorliegt. Ein solcher erheblicher Grund kann darin liegen, dass der Rechtsanwalt einer Partei erkrankt und deshalb die Partei unverschuldet ohne anwaltliche Vertretung im Termin ist, wobei der Partei ein Verschulden ihres Rechtsanwaltes zugerechnet wird.

Der erhebliche Grund als Abwägung

Die Rechtsprechung wägt ab, wenn sie beurteilt, ob ein erheblicher Grund vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 23. Januar 1995 – 9 B 1/95 –) formuliert das so: Eine Vertagung rechtfertigende erhebliche Gründe „sind nur solche Umstände, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebotes erfordern“. Auf der einen Seite der Abwägung stehen also das Gebot, das Verfahren zu beschleunigen, und das Gebot, die gerichtliche Entscheidung möglichst aufgrund einer einzigen mündlichen Verhandlung herbeizuführen (sog. Konzentrationsgebot). Auf der anderen Seite der Abwägung steht das verfassungsrechtliche Gebot des Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes – GG ‑, rechtliches Gehör zu gewähren. Dieses Gebot verlangt nicht nur, dass die an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit haben, sich zu Sachverhalt und Rechtslage zu äußern, sondern es beinhaltet auch das Recht jedes Beteiligten, sich durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird nur verletzt, wenn der Beteiligte selbst sich im Rahmen des Zumutbaren bemüht hat, sich das rechtliche Gehör zu verschaffen, „so dass letztlich nur eine ihm trotz zumutbaren eigenen Bemühens um die Erlangung rechtlichen Gehörs verweigerte oder abgeschnittene Möglichkeit zur Äußerung eine Gehörsverletzung darstellt“ (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. Januar 1995 – 9 B 1/95 –).

Keine Verweis auf Möglichkeit, an Termin ohne Anwalt teilzunehmen

Daraus, dass der Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör, auch das Recht einschließt, sich durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen. ergibt sich: Auch wenn in dem betreffenden Verfahren kein Anwaltszwang besteht, also nicht vorgeschrieben ist, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen, kann das Gericht eine Partei keinesfalls darauf verweisen, dass die Partei den Termin doch einfach ohne ihren Rechtsanwalt wahrnehmen möge.

Organisation einer anwaltlichen Vertretung des Mandanten im Termin im Erkrankungsfall

Grundsätzlich gehört es zu den Obliegenheiten des Rechtsanwaltes, auf den Erkrankungsfall vorbereitet zu sein. Nach § 53 Abs. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)  hat der Rechtsanwalt für eine Vertretung zu sorgen, wenn er länger als eine Woche an der Ausübung seines Berufes gehindert ist. Dazu hat er einen allgemeinen Vertreter zu bestellen bzw. von der Rechtsanwaltskammer bestellen zu lassen (§ 53 Abs. 2 BRAO).

Zweckmäßigerweise bestellt er einen allgemeinen Vertreter im „Vornherein für alle Verhinderungsfälle, die während eines Kalenderjahres eintreten können“. Hat der Rechtsanwalt einen solchen allgemeinen Vertreter bestellt, hat er seine Kanzlei so zu organisieren, dass der bestellte Vertreter informiert wird. Hat der Rechtsanwalt einen allgemeinen Vertreter nicht bestellt, muss die Kanzlei so organisiert sein, dass die Rechtsanwaltskammer informiert wird, damit diese ggf. einen Vertreter von Amts wegen bestellen kann (vgl. § 53 Abs. 5 BRAO). Aber auch für den Fall einer unvorhergesehenen Erkrankung muss ein Anwalt Vorsorge treffen. In einer Sozietät ist das relativ einfach zu organisieren. Auf größere Schwierigkeiten trifft der Einzelanwalt, insbesondere wenn er nicht ständig über eingearbeitetes Kanzleipersonal verfügt. Ihm wird nichts anderes übrig bleiben, als Absprachen mit einem vertretungsbereiten Kollegen zu treffen (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06. März 1990 – VI ZB 4/90 –).

Wird nun der Rechtsanwalt krank, muss er das unternehmen, was ihm möglich und zumutbar ist, um zu ermöglichen, dass der Termin stattfinden kann. Das heißt, er muss versuchen, eine anwaltliche Vertretung für den Termin organisieren. Ist ein allgemeiner Vertreter für das Kalenderjahr bestellt oder ist der erkrankte Anwalt in einer Sozietät tätig, sollte der Kanzleibetrieb so organisiert sein, dass der Vertreter selbsttätig auf die wahrzunehmenden Termine hingewiesen wird. Anderenfalls muss der erkrankte Anwalt für eine entsprechende Information sorgen.

Diese Verpflichtung, eine anwaltliche Vertretung für den Termin organisieren, trifft den Rechtsanwalt in dem Augenblick, in dem er davon ausgehen muss, dass er zum Termin wahrscheinlich krankheitsbedingt verhindert sein wird. Wann das der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Hilfreich ist eine ärztliche Prognose der voraussichtlichen Krankheitsdauer. Dabei trägt der Rechtsanwalt ein Prognoserisiko. Nach der Rechtsprechung muss er auch für den Fall vorsorgen, dass eine Krankheit sich verschlimmert. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Gesundheitszustand so ist, dass der Anwalt mit einer Verschlimmerung (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11. März 1991 – II ZB 1/91 –) bzw. einem langwierigen Krankheitsverlauf rechnen musste.

Eine besonders hohe Sorgfaltspflicht, für eine Vertretung im Krankheitsfalle zu sorgen, trifft den Rechtsanwalt, der unter einer chronischen Erkrankung leidet, die ihn wiederholt in gleicher Weise außer Stande setzt, seinen Berufspflichten ordnungsgemäß nachzukommen (BVerwG, Beschluss vom 22. 5. 2001 ‑ 8 B 69/01 ‑; Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26-02-1996 ‑  II ZB 7/95 ‑).

Es kann krankheitsbedingte Situationen geben, in denen es dem Anwalt nicht zuzumuten ist, daran zu denken, eine Vertretung zu organisieren. Diese Selbstverständlichkeit musste der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 06. März 1990 – VI ZB 4/90 –)klarstellen: „Die Einlieferung von Rechtsanwalt Schl. … durch den Notarzt und seine Verlegung auf die Intensivstation weisen auf sehr schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen hin, die es für ihn nicht zumutbar machten, sich in dieser Situation noch Gedanken über die Unterrichtung eines Vertreters von seiner Erkrankung zu machen. Solches in einer – jedenfalls für den Betroffenen – lebensbedrohlich erscheinenden Lage zu verlangen, würde die Anforderungen an die Pflichten des Anwalts überspannen. Auch dann, wenn Vorsorge in seinem Büro für die krankheitsbedingte Abwesenheit des Anwalts durch Absprache mit einem Kollegen getroffen ist, kann es – gerade bei einem Anwalt, der seine Praxis allein betreibt und nicht durchgehend Personal beschäftigt – unter Umständen Situationen geben, in denen der Verhinderung des Anwalts mit zumutbaren Vorsorgemaßnahmen nicht mehr zu begegnen ist“.

Die Vertretung eines Rechtsanwaltes durch einen anderen in einem Termin setzt voraus, dass der vertretende Rechtsanwalt genügend Zeit hat, sich einzuarbeiten. Da hängt einiges von Umfang und Schwierigkeit der Rechtssache ab. Die Rechtsprechung geht insoweit davon aus, dass einem Anwalt grundsätzlich nicht zugemutet werden kann, sich innerhalb nur eines Tages in einen ihm bisher unbekannten Prozessstoff einzuarbeiten. Es sei zu berücksichtigen, „dass der Anwalt regelmäßig nicht seine volle Arbeitskraft auf diesen einen Prozess verwenden kann, sondern meistens die in anderen Prozessen bereits anstehenden Besprechungs- und Verhandlungstermine wahrzunehmen hat, und dass er darüber hinaus häufig in anderen Sachen fristgebundene Schriftsätze anfertigen muss. Die Einarbeitungszeit muss daher so geräumig bemessen werden, dass der Anwalt neben der ordnungsmäßigen Wahrnehmung seiner bereits übernommenen anderen Mandate noch Gelegenheit findet, auch den neu übernommenen Prozess sachgerecht zu bearbeiten” (Bundesgerichtshof zitiert nach Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 9.12.1983 – 4 C 44/83).

Über die Tagesfrist hinaus besteht ein Risiko, ob der Rechtsanwalt bei den Gerichten auf viel Verständnis für seinen Vortrag trifft, dass keine hinreichende Zeit zur Einarbeitung oder Instruktion des Vertreters bestand, insbesondere da die Rechtssache schwierig sei. So hält etwa der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 10. August 2000 – 19 ZB 98.30134 –) „Asylstreitigkeiten von ihrer Struktur her nicht“ für „derart schwierig, dass sie von anderen Anwälten nicht auch vertreten werden könnten. Die vom Bevollmächtigten des Klägers im Zulassungsantrag angesprochenen rechtlich schwierigen Fragen … hat der Bevollmächtigte selbst bereits in seiner Klageschrift … ausführlich dargelegt“.

Begrenzte Rücksichtnahme auf das Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und seinem Mandanten

Nun hat die Vertretung eines Anwalts durch einen anderen in Bezug auf den vertretenen Mandanten den Aspekt, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt besteht. Und es kann mehr als fraglich sein, ob dieses auch zwischen Vertreter und Mandanten besteht. Die Rechtsprechung steht dem reserviert gegenüber. Nur in besonders gelagerten Fällen könne ein spezielles Vertrauensverhältnis zwischen bevollmächtigtem Rechtsanwalt und seiner Mandantschaft die Verweisung auf eine Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt unzumutbar machen. Um ein solches besonderes Vertrauensverhältnis geltend zu machen, genüge es nicht mitzuteilen, dass die Partei Wert darauf lege, dass der mandatierte Rechtsanwalt im Termin persönlich anwesend ist, sondern das besondere Vertrauensverhältnis müsse näher substantiiert werden (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 10. August 2000 – 19 ZB 98.30134 –). Besonders schlechte Karten hat, wer eine Sozietät beauftragt hat. Grundsätzlich, so das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 23. Januar 1995 – 9 B 1/95 –), besteht kein Anspruch, dass ausschließlich der sachbearbeitende Rechtsanwalt an der mündlichen Verhandlung teilnimmt.

Weichere Linie des Bundessozialgerichts

Eine im Vergleich zur genannten Rechtsprechung weichere Linie fährt das Bundessozialgericht, für Fälle der Terminkollision. Es gibt aber keinen Grund, die entsprechenden Grundsätze auf Fälle der Erkrankung des Rechtsanwaltes nicht anzuwenden.

Das Bundessozialgericht (Beschluss vom 30.09.2015 ‑ B 3 KR 23/15 B‑) begünstigt zunächst den Einzelanwalt: Bei einem Einzelanwalt müsse in der Regel, vor allem bei einem ersten Verlegungsantrag, der Termin verlegt werden. Auf die Möglichkeit der Vertretung dürfe hier regelmäßig noch nicht verwiesen werden. Das gelte erst recht, wenn der Mandant ausdrücklich nur mit einer Wahrnehmung des Termins durch den gewählten Sachbearbeiter einverstanden sei. Eine solche Beschränkung der Vollmacht sei grundsätzlich zu beachten. Ein Gericht dürfe von einem Rechtsanwalt keine Verletzung des Mandatsvertrags durch eine unerlaubte Unterbevollmächtigung verlangen. Zu letzterem sei nur angemerkt, dass man eine solche Beschränkung der Vollmacht in vielen Fallkonstellationen als selbstgewähltes Schicksal des Mandanten werten könnte, mit dem er sich selbst die anwaltliche Vertretung im Krankheitsfalle abschnitte.

Weiter lässt das Bundessozialgericht es als gewichtigen Grund genügen, dass zumindest eine erstmalige Terminverlegung nicht verweigert werden dürfe, wenn der Rechtsanwalt „ausdrücklich wegen seiner Qualifikation als Fachanwalt“ für das einschlägige Rechtsgebiet ausgewählt worden. Dies schränke die Möglichkeit der Verweisung auf die Terminwahrnehmung durch ein anderes Mitglied der Kanzlei, das nicht ebenfalls diese Qualifikation besitze, jedenfalls bei einem ersten Verhinderungsfall ein.

Antrag und Glaubhaftmachung

Die Terminsverlegung ist zwar nicht daran gebunden, dass der Rechtsanwalt einen entsprechenden Antrag stellt. Das Gericht kann auch von Amts wegen den Termin verlegen, wenn es von der Erkrankung des Rechtsanwaltes erfährt. Trotzdem sollte der Rechtsanwalt einen entsprechenden Antrag ausdrücklich stellen. Anderenfalls läuft er Gefahr, dass der Termin ohne ihn stattfindet und er dies nicht mit Erfolg als Verfahrensfehler rügen kann. Grundsätzlich genügt auch ein telefonischer Antrag. Aus Nachweisgründen empfiehlt sich jedoch die Schriftform. Der Antrag muss begründet werden. Nachweise sind zunächst nicht erforderlich. Ob die Erkrankung, z.B. durch ärztliches Attest, und die fehlende Möglichkeit der Vertretung im Termin, auch glaubhaft gemacht werden müssen, bestimmt das Gericht gemäß § 227 Abs. 2 ZPO nach eigenem Ermessen.

Rechtsbehelfe

Unanfechtbarkeit der Ablehnung der Terminsverlegung und Gehörsrüge im Rechtsmittelverfahren

Lehnt das Gericht einen Antrag auf Terminsverlegung ab, kann das die Partei nicht mit einem Rechtsmittel angreifen. Es handelt sich um eine unanfechtbare Verfahrenshandlung. Allerdings kann die unberechtigte Ablehnung eines Verlegungsantrages als Verstoß gegen das rechtliche Gehör in einem Rechtsmittelverfahren gerügt werden.

Befangenheitsantrag

In der anwaltlichen Praxis wird oft versucht, eine Terminsverlegung nach Ablehnung eines entsprechenden Antrages durch einen Befangenheitsantrag zu erreichen. Erfolg wird ein solcher Befangenheitsantrag kaum jemals haben. Denn im Ablehnungsverfahren geht es einzig um eine mögliche Parteilichkeit des Richters. Es geht nicht darum, ob er richtig gehandelt oder entschieden hat. Das wird ausschließlich in den hierfür vorgesehenen Rechtsmittelverfahren überprüft. Erfolg haben kann ein Ablehnungsgesuch wegen Ablehnung eines Antrages auf Terminsverlegung nur, wenn die Ablehnung „ausreichender gesetzlicher Grundlage völlig entbehrt und so grob rechtswidrig ist, dass sie als Willkür erscheint, oder wenn die fehlerhafte Begründung eindeutig zu erkennen gibt, dass sie aus einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber der Partei beruht“ (Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 24. Oktober 2008 – 2 U 155/08 –).

Das wissen natürlich auch die Anwälte. Sie spekulieren nicht auf einen Erfolg des Befangenheitsantrages, sondern darauf, dass es dem Gericht, weil über den Befangenheitsantrag grundsätzlich nicht der abgelehnte Richter entscheiden darf, nicht möglich ist, den Befangenheitsantrag noch rechtzeitig vor dem Termin abzulehnen. Das ist jedoch kein besonders erfolgversprechendes Spiel. Denn der abgelehnte Richter darf ausnahmsweise dann selbst über ein gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuch entscheiden, wenn das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich ist und deshalb als unzulässig zu verwerfen wäre. Das ist z.B. auch dann der Fall, wenn mit dem Befangenheitsantrag verfahrensfremde, von Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts offensichtlich nicht erfasste Ziele verfolgt werden. Und das wiederum wird dann bejaht, „wenn die Verweigerung einer Terminsverlegung zum Anlass genommen wurde, durch Anbringen eines auf die Verweigerung gestützten Ablehnungsgesuch – gewissermaßen in letzter Minute – eine Terminsverlegung doch noch zu erzwingen“ (OLG Frankfurt, Urteil vom 24. Oktober 2008 – 2 U 155/08 –).

Unanfechtbarkeit der Terminsverlegung

Oft steht natürlich einem Antrag auf Terminsverlegung auch das Interesse der Gegenseite, endlich zu einer Entscheidung zu kommen, gegenüber. Auch insofern gilt, dass die Entscheidung über die Terminsverlegung eine unanfechtbare Verfahrenshandlung ist, die nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen werden kann.

Ausnahmsweise kann eine sofortige Beschwerde entsprechend § 252 ZPO statthaft sein. Diese Vorschrift betrifft Entscheidungen über die Aussetzung des Verfahrens. Nun ist eine Terminsverlegung keine Aussetzung des Verfahrens. Wenn aber eine Terminsverlegung ähnlich einer Aussetzung faktisch einen Stillstand des Verfahrens herbeiführt, nimmt zumindest ein Teil der Rechtsprechung ein entsprechendes Beschwerderecht an, so z.B., wenn ein bereits bestimmter Termin ohne Bestimmung eines neuen Termins aufgehoben wurde oder der neue Termin unangemessen weit in der Zukunft liegt.

Wenn eine Terminsverlegung rechtlich nicht vertretbar ist, kann das im Übrigen eine Rolle in einem Verfahren auf angemessene Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer nach § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) spielen. Insofern kann es sinnvoll sein, wenn eine Partei als Reaktion auf eine Terminsverlegung eine Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 GVG erhebt.

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Kommentare

2 Antworten zu „Erkrankung des Rechtsanwaltes und Terminsverlegung“

  1. Es ist wichtig, dass man als Rechtsanwalt seine Rechte und Pflichten kennt, wenn man an einem Gerichtstermin verhindert ist. Ich bin selbst Anwalt für Baurecht und habe schon einige Erfahrungen mit Terminverlegungen gemacht. Ich stimme zu, dass man immer einen schriftlichen Antrag stellen sollte, um Nachweisprobleme zu vermeiden. Außerdem sollte man sich rechtzeitig um eine Vertretung kümmern, falls möglich. Ich denke, dass das Gericht in der Regel verständnisvoll ist, wenn man eine ernsthafte Erkrankung hat und diese glaubhaft macht.

    1. Hansjörg Schlesies

      Hallo,
      wir haben gerade 2 Tage vor dem Termin beim LG durch den gegnerischen RA eine Terminverschiebung aufgedrückt bekommen, wegen Arbeitsunfähigkeit des Anwaltes.
      Die AU hat ein Arzt bescheinigt, allerdings ist der Anwalt weiterhin jeden Tag in seiner Kanzlei tätig!
      Mit anderen Worten dieser Akt war getürkt und der Richter verlegt die Angelegenheit auf einen Termin 4 Monate später!

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