Nicht zu unterschätzen bei der rechtspolitischen Analyse sind die Ressortinteressen, also die Interessen der an einem Gesetzgebungsvorhaben beteiligten Ressorts. Zu unterscheiden ist zwischen den Interessen, die ein Ressort wahrzunehmen hat, und den Eigeninteressen des Ressorts. Während erstere Ausdruck der Gemeinwohlorientierung des Staates sind, sind letztere Ausdruck des Egoismus des Ressorts. Und diese können erheblichen Einfluss haben. So lässt sich manche unsinnige Regelung nur verstehen, wenn man das dahinter stehende Eigeninteresse des Ressorts versteht.
Da gibt es z.B. Regelungen, die nicht sachgerecht sind und leicht geändert werden könnten. Aber nichts passiert. Und warum nicht. Weil das zuständige Ressort kein Interesse hat. Und das nicht etwa, weil das Ressort etwas gegen die Neuregelung an sich hätte. Sondern deshalb, weil eine sachgerechte Neuregelung dazu führen würde, dass sich die Finanzflüsse zwischen Bund und Ländern verändern würden. Und diese Auseinandersetzung will das Ressort nicht führen … Eigeninteressen der Ressorts können Interessen an Arbeitsvermeidung, aber auch Machtinteressen oder finanzielle bis hin zu persönlichen Interessen sein.
Guter Gesetzgebung können aber auch die Ressortinteressen im Sinne der vom Ressort wahrzunehmenden Interessen entgegenstehen. Dann nämlich, wenn diese Ressortinteressen den Blick auf andere berechtigte und auszugleichende Interessen verstellen oder jedenfalls die Ressortinteressen in nicht sachangemessener Weise überbetont werden. Ursache dafür ist oft nicht böser Wille, sondern eine besondere Verhaftung der Ressortwalter mit der ihnen anvertrauten Materie, eine aufgrund der besonderen und oft langjährigen Befassung mit der Materie allzumenschliche Überidentifizierung. Ein gesunder Ausgleich aller von einem Gesetzesvorhaben berührten Ressortinteressen ist dagegen ein gelungener Anfang für ein gelungenes Gesetz.
1.3.2010
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